Das Patientenrechtegesetz: Folgen für die Zahnarztpraxis
Das Patientenrechtegesetz kodifiziert vorhandene Vorschriften und Gerichtsentscheidungen, es will mehr Beteiligung des Patienten, es bringt aber auch zusätzliche Aufgaben und Verpflichtungen in die tägliche Arbeit von Zahnarzt und zahnärztlichem Personal.

Die bestehende Verpflichtung zu einem einrichtungsinternen Qualitätsmanagement kann hilfreich sein, um alle Arbeitsabläufe, alle Aufklärungen und alle Beratungen zu dokumentieren und dabei die zusätzlichen Aufgaben zu erfüllen, die sich aus dem Patientenrechtegesetz ergeben.

Was müssen Zahnarzt und zahnärztliches Personal überprüfen, was muss künftig nachvollziehbar dokumentiert werden? Wo liegen die Risiken für den Praxisalltag, welche Chancen bieten sich bei der Patientenberatung?

Die GOZ 2012 beschreibt einen Stillstand bei der Honorierung privatzahnärztlicher Leistungen und wird der Beschreibung einer modernen präventionsorientierten Zahnheilkunde nicht gerecht. Der BEMA beschränkt sich auf einen Katalog bestimmter Leistungen und seine Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung der Praxen erfolgt jährlich in homöopathischen Dosen.

Längst müssen die Praxen Mehrkostenvereinbarungen, Analogabrechnungen und Abdingungen durchführen, um für moderne Zahnmedizin auch angemessene Honorare zu erzielen. Das Patientenrechtegesetz führt dazu, dass solche Vereinbarungen und Abrechnungen vermehrt auftreten werden.

Zur Sicherung des Heilungserfolges müssen Befunderhebungen auch über die Grenzen des BEMA oder die Leistungsbeschreibungen in der GOZ hinaus dem Patienten angeboten werden (§ 630h Abs. 5 BGB), auf die entstehenden Kosten muss der Patient hingewiesen werden. Wenn dem Zahnarzt "hinreichende Anhaltspunkte" gegen eine vollständige Übernahme der Behandlungskosten durch einen Dritten vorliegen, muss der Zahnarzt die voraussichtliche Höhe der Behandlungskosten beziffern (§ 630c Abs. 3 BGB), damit der Patient die wirtschaftliche Tragweite seiner Entscheidung überschauen kann. Denn werden solche zusätzlichen Befunde erhoben, so müssen sie dem Patienten in Rechnung gestellt werden. Auch der ausdrückliche Wunsch des Patienten, keine Maßnahmen durchführen zu lassen, die voraussichtlich mit Eigenanteilen oder Kosten für ihn verbunden wären, sollte entsprechend dokumentiert werden.

Ein geeigneter Textbaustein wäre z. B.:

"Ich wurde von meinem Zahnarzt über zusätzliche Untersuchungsmethoden informiert, die zumindest teilweise von mir selbst bezahlt werden müssten. Ich wünsche keine solchen Untersuchungen."

Für eine vollständige Aufklärung vor Einwilligung in die Behandlung bedarf es einer Aufklärung über alle sinnvollen Therapiealternativen. Gerade in der Zahnheilkunde gibt es meist mehrere Lösungsansätze für ein bestehendes zahnmedizinisches Problem. Deshalb sind auch gesetzlich versicherte Patienten oder z. B. Privatversicherte mit Basistarif über solche Therapiealternativen aufzuklären, die nicht dem Katalog des BEMA entsprechen und/oder eine Zuzahlung des Patienten erfordern.

Einen geeigneten Textbaustein findet man z. B. in den Aufklärungs- und Dokumentationsformularen von Spitta:

"Ein ausführliches Aufklärungsgespräch zwischen dem zahnärztlichen Behandler und mir fand am … statt. Im Vorfeld des Aufklärungsgesprächs wurde mir das Aufklärungs- und Dokumentationsformular zur Verfügung gestellt. Dieses habe ich gelesen und verstanden. Im Aufklärungsgespräch mit meiner Zahnärztin/meinem Zahnarzt konnte ich alle für mich wesentlichen Punkte, z. B. spezielle Risiken, mögliche Komplikationen, Therapiealternativen u d Verhaltensmaßnahmen nochmals hinterfragen. Meine Zahnärztin/mein Zahnarzt hat sie mir eingehend und umfassend beantwortet. Ich fühle mich gut über die Behandlung informiert. Mir ist bekannt, dass ich die Einwilligung bis zum Beginn der Behandlung widerrufen kann. Ein Exemplar dieses Formulars habe ich zum Mitnehmen und Aufbewahren erhalten. Das Gespräch dauerte … Minuten."

Die Dokumentation der Zeitdauer bildet gleichzeitig die Grundlage für eine angemessene Honorierung, die z. B. durch Analogberechnung erfolgen kann.

Aus all diesen Pflichten und Möglichkeiten ergibt sich folgende To-do-Liste für die Praxen:

  • Anamnesebögen prüfen
  • Angaben des Patienten, z. B. zu Allergien und Vorerkrankungen?
  • Sorgeberechtigung bei Minderjährigen klären
  • Informationsblätter eventuell neu gestalten
  • Aufklärungsbögen komplettieren
  • Patientenakten vervollständigen
  • Änderungen dokumentieren
  • Personal unterweisen, z. B. im Hinblick auf Beweisführung
  • Gesellschaftsform der Praxis prüfen
  • Alternative Partnerschaftsgesellschaft?
  • Haftpflichtversicherung kontrollieren
  • Behandlungsspektrum? Angestellte Zahnärzte?
  • Meldung an Haftpflichtversicherung bei behauptetem
  • Behandlungsfehler, kein Schuldanerkenntnis! Schlichtung bei der Kammer?
  • Qualitätsmanagement einführen/durchführen; Feedbackmanagement einführen

Dieser Katalog soll hier nur einen Überblick liefern und Anhaltspunkt für den Praxisalltag sein, um die Komplexität der verschiedenen Aufgaben, die mit dem Patientenrechtegesetz von den Praxen gefordert werden, abzubilden.


Aus: Thomas Ratajczak "Die Zahnarzthaftung nach dem Patientenrechtegesetz" (2013), mit Beiträgen von Christian Berger und Stefan Liepe.
-> Nähere Informationen zur Neuerscheinung lesen Sie hier.

 

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