Anhaltender idiopathischer Gesichtsschmerz
Typische Ausschlussdiagnose! (früher: atypischer Gesichtsschmerz)
- anhaltender, täglich vorhandener Gesichtsschmerz
- nicht auf andere Erkrankung zurückzuführen
- leichter bis mäßiger Schmerz
- anfangs Schmerz einseitig und lokalisiert
- keine eindeutige Zuordnung zum Innervationsgebiet des Trigeminus oder der zervikalen Nerven
- Dysästhesien oder Parästhesien können auftreten.
- keine objektivierbaren Befunde
(Sommer 2004)
Arteriitis temporalis
- bis ins Auge ausstrahlender Schläfenkopfschmerz
- druckempfindliche Arteria temporalis
- Evtl. Kauschmerz!
(Hugger et al. 2006)
Chronische paroxysmale Hemikranie
Die chronische paroxysmale Hemikranie ähnelt dem Clusterkopfschmerz (TACS).
- Es treten ebenfalls Attacken auf, die aber kürzer sind.
- Vorwiegend sind Frauen betroffen.
- Ansprechen auf Indometacin
Clusterkopfschmerz
Der Clusterkopfschmerz gehört in die Gruppe der trigemino-autonomen Kopfschmerzen (TACS).
- schwerer, unerträglicher, unilateraler Schmerz im
- Bereich der Orbita, der Stirn oder der Schläfe
- Dauer zwischen 15 und 180 Minuten
- Mögliche Begleitsymptome sind ipsilaterales Augentränen, Nasen laufen, geschwollenes Augenlid, Schwitzen in Gesicht oder Stirn, Herabhängen des Augenlides, Pupillenverengung.
- Zumeist sind Männer betroffen.
CRPS (komplexes regionales Schmerzsyndrom)
- Typ I: ohne begleitende Nervenverletzung
- Typ II: mit begleitender Nervenverletzung
- spontan eintretender Schmerz (ziehend, brennend, einschießend)
- Allodynie
- Bewegungseinschränkung des Kiefergelenkes
- Ödeme, gestörte Sudomotorik, veränderte Haut
- zentral bedingte Sympatikusstörungen
(Kern 2005, Merill 2006)
Dolor post extractionem
siehe entsprechende Fachliteratur
Erkrankungen der Speicheldrüsen
- Schmerzen in zeitlichem Zusammenhang mit
- Nahrungsaufnahme
- Schwellungen
Gelenkchondromatose
- eher selten vorkommend
- rezidivierende Kiefergelenkbeschwerden
- freie Knorpelpartikel im Gelenk
- Okklusionsstörungen
(Reichert und Kunkel 2003)
Glossopharyngeus-Neuralgie
- stets einseitige Schmerzen, anfallsartig
- im hinteren Teil der Zunge, der Tonsillennische, dem Pharynx, neben dem Kieferwinkel oder Ohr
- scharfer und stechender Schmerz
- Dauert wenige Sekunden bis zu zwei Minuten.
- Kann durch Triggerzonen ausgelöst werden.
(Gerbershagen 1995)
Hemicrania continua
Die Hemicrania continua gehört auch zu den TACS.
- eher kontinuierlicher einseitiger Kopfschmerz, auf den sich Schmerzattacken aufpfropfen
- Sonst können ähnliche Begleiterscheinungen wie beim Cluster auftreten.
- Vorwiegend sind Frauen betroffen.
Idiopathisches Mund- und Zungenbrennen
- Gaumenbrennen
- Zungenbrennen
- Lippen- und Wangenbrennen
- keine Veränderung der Schleimhaut
- meistens Frauen, im Durchschnitt etwa 60 Jahre alt
(Paulus et al. 2003)
Infektionen
- Osteomyelitis
- Myositis
- Synovitis
Karotidodynie (Karotisschmerz)
- tief sitzender, einseitiger, seitlicher Halsschmerz
- im Bereich der Karotisgabel
- "Ausstrahlung" ins Gesicht
(Becker 1990)
Kieferzysten
- eventuell Parästhesien
- deutliche Schmerzen nur bei akuter, sekundärer Infektion
- sonst eher unklare Beschwerden
(Ziegler 1995)
Kopfschmerz vom Spannungstyp
- drückender bis ziehender, nicht pulsierender Schmerz
- beidseitig
- körperliche Aktivität behindert, aber nicht unmöglich
- keine Verstärkung durch körperliche Aktivitäten
- keine Übelkeit, kein Erbrechen
Kopfschmerz, zurückzuführen auf ein Kopf- und/oder HWS-Trauma
(IHS-Klassifikation 2004)
Kopfschmerzen bei Übergebrauch von Medikamenten
- mindestens dreimonatiger Übergebrauch
- mindestens 10 bis 15 Tage pro Monat Einnahme
- bestimmter Analgetika
Kopfschmerzerkrankungen, zurückzuführen auf Gefäßstörungen im Bereich des Kopfes oder des Halses
(IHS-Klassifikation 2004)
Migräne
- Es können viele verschiedene Migräneformen vorkommen.
- Dauer der Attacken vier bis 72 Stunden
- mit oder ohne Aura (= neurologische Symptome, die üblicherweise vor dem Kopfschmerz auftreten)
- pulsierender, pochender Schmerz
- bei zwei Dritteln der Patienten einseitig, kann aber Seite wechseln
- 50 Prozent der Patienten haben als Begleitsymptom Phonophobie (Busch und May 2002).
- 60 Prozent der Patienten haben als Begleitsymptom Photophobie (Busch und May 2002).
Nacken-Zungen-Syndrom
Plötzliche Drehung der HWS führt zu einem scharfen, einseitigen oberen Nacken- und Hinterkopfschmerz, begleitet von einer vorübergehenden ipsilateralen Taubheit der Zunge (Paulus et al. 2003).
Neoplasmen der Kiefergelenke
Diese sind insgesamt sehr selten anzutreffen.
NICO-Läsionen (neuralgia inducing cavitating osteonecrosis)
Diese Schmerzen sind auf osteonekrotische Läsionen im Kieferknochen zurückzuführen (Meyer 2004, Bouquot und Roberts 1992).
Osteopathien
- bei Systemerkrankung, z. B. Morbus Paget
- sensible und motorische Ausfallerscheinungen
- neuralgiforme Schmerzen
- eventuell Zahnlockerungen und Fehlstellungen
(Ziegler 1995)
Otalgie
- heftige, oft klopfende Schmerzen in der Tiefe des Ohres
- bei Mittelohrentzündung
- Druck oder Stechen im Ohr
- Hörminderung bei Tubenkatarrh
- Schmerzen beim Kauen bei Gehörgangsentzündung etc.
- Schwellung und Druckschmerz hinter dem Ohr bei Mastoiditis
- stechende Schmerzen
- Schwerhörigkeit bei Trommelfellperforation
(Bierbach 2002)
Parodontopathien
siehe entsprechende Fachliteratur
Prothesendruckstellen
siehe entsprechende Fachliteratur
Sinusitis maxillaris
- Schmerz im Mittelgesicht
- verstärkt sich beim Bücken, Heben und Pressen
- Zahnschmerzen im betroffenen Bereich können vorkommen.
- Verschattung in der NNH-Aufnahme
Stylohyoideussyndrom (Eagle-Syndrom)
- Schmerzen tief im Mundboden
- seitlich im Pharynx und Unterkiefer
- meist ausgelöst durch Schlucken, Mundöffnen und Gähnen
- Trauma erinnerlich
- Schwindel, Übelkeit
- Druckempfindlichkeit des Ligamentum stylohyoideum
- Im Röntgenbild zeigt sich eine Verkalkung im Bereich des Proces sus stylohyoideus.
SUNCT-Syndrom
- unilateraler, orbitaler, supraorbitaler oder temporaler stechender oder pulsierender Schmerz
- Dauer zwischen 5 und 45 Sekunden
- Attacken können zwischen 200- und 300-mal pro Tag auftreten.
- ipsilateraler Tränenfluss
(Diener et al. 2004)
Tolosa-Hunt-Syndrom
- Orbitaschmerz und Doppelbilder
- Parese des dritten, vierten oder sechsten Hirnnerven
- meist Männer betroffen
Trigeminusneuralgie
- einseitige, kurzdauernde (Sekunden bis zu zwei Minuten) Schmerzen in der Verteilung eines oder mehrerer Trigeminusäste
- starke Intensität, scharf, oberflächlich, stechend
- ausgelöst durch Triggerzone oder Triggerfaktoren
- immer gleiches Attackenmuster
Zahnschmerzen
siehe entsprechende Fachliteratur
Zervikogener Kopfschmerz
- Provokation durch Kopfbewegungen
- Provokation durch Kopfhaltungen
- Provokation durch Druck auf Hinterkopf oder Nacken
- eingeschränkte HWS-Beweglichkeit
- Schmerzen in Nacken, Schulter oder Arm
Zosterneuralgie
- bevorzugt erster Trigeminusast
- monotoner, kontinuierlicher Schmerz, der nahezu immer auftritt
- elektrisierende, blitzartige Schmerzen können hinzukommen
- ebenso heller Schmerz, der durch leichteste Berührung entsteht
Beim Zoster ophtalmicus können Paresen der dritten, vierten und sech s ten Hirnnerven vorkommen (Paulus et al. 2003).
Hinweis
Diese Aufzählung erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Für tiefergehende Informationen kann Hugger et al. (2006) empfohlen werden.
Literatur:
- Becker, R.: Erkrankungen der Kiefer- und Gesichtsnerven. In: Horch, H. H.: Praxis der Zahnheilkunde 10/I. Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie I. 2. Aufl., Urban & Schwarzenberg Verlag, München 1990, 159–209
- Bierbach, E.: Naturheilpraxis Heute. Urban & Fischer Verlag, München/Jena 2002
- Busch, V., May, A.: Kopf- und Gesichtsschmerzen. Urban & Fischer Verlag, München 2002
- Bouquot, J. E., Roberts, A.: NICO (neuralgia inducing cavitational osteonecrosis): Radiographic appearance of the „invisible“ osteo myelitis. Oral Surg Oral Med Oral Pathol 74: 600 (1992)
- Diener, H.-C., Katsarava, Z., Eikermann, A.: Wenn der Schädel brummt. Trigeminoautonome Kopfschmerzen (TACS). Zahnärzt liche Mitteilungen 23: 54–59 (2004)
- Gerbershagen, H. U.: Der schwierige Schmerzpatient in der Zahnmedizin. Diagnostischer und therapeutischer Prozeß. Georg Thieme Verlag, Stuttgart/New York 1995
- Hugger, A., Göbel, H., Schilgen, M. (Hrsg.): Anhang. In: dies.: Gesichts- und Kopfschmerzen aus interdisziplinärer Sicht. Springer Verlag, Berlin 2006: 247–265
- Kern, K. U.: Neuropathische Schmerzen. In: Junker, U., Nolte, T. (Hrsg.): Grundlagen der Speziellen Schmerztherapie. Urban & Vogel Verlag, München 2005: 506–527
- Merill, R. L.: Differential diagnosis of orofacial pain. In: Laskin D. M., Greene C. S., Hylander W. L.: Temporomandibular disorders: an evidence-based approach to diagnosis and treatment. Quintessenz Publishing Co. Inc., Chicago 2006: 299–317
- Meyer, N.: Persönliche Kommunikation 2004
- Paulus, W., Evers, S., May, A., Steude, U., Wolowski, A., Pfaffenrath, V.: Therapie und Prophylaxe von Gesichtsneuralgien und anderen Formen der Gesichtsschmerzen. Überarbeitete Em pfehlungen der Deutschen Migräne- und Kopfschmerz gesell schaft. Schmerz 17: 74–91 (2003)
- Reichert, T. E., Kunkel, M.: Gelenkchondromatose als Ursache rezidivierender Kiefergelenkbeschwerden. Zahnärztliche Mit teilungen 13: 46–47 (2003)
- Sommer, C.: Patientenkarrieren. Gesichtsschmerz und Neural gien. Schmerz 18: 385–391 (2004)
- Ziegler, C. M.: Osteogene Schmerzen. In: Zöller, B., Zöller, J. E.: Komplementäre Schmerztherapie in der Zahnheilkunde. Hippo krates Verlag, Stuttgart 1995, 37–41
Aus "Funktionsstörungen erkennen und behandeln", 3. überarbeitete und erweiterte Auflage, von Siegfried Leder.
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